Scheit, gescheiter, gescheitert

kurze Rezension der Hamburger Ausstellung <Besser scheitern.>

Vom besseren Scheitern handelt derzeit eine Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle.

Misserfolg als Programm? Zumindest kein Scheiterhaufen der Versager, immerhin befinden wir uns an einem prominenten Ort der Kulturreflexion, welcher sich im Museum institutionalisiert.

Die Liste der Versammelten enthält viele bekannte Namen:

Marina Abramović, Vito Acconci, Bas Jan Ader, Francis Alÿs, John Baldessari,
Guy Ben-Ner, Tacita Dean, Rineke Dijkstra, Tracey Emin, Jeanne Faust, Fischli & Weiss, Ceal Floyer, Annika Kahrs, Steve McQueen, Bruce Nauman, Christoph Schlingensief, Gillian Wearing.

Ich gebe zu: sie haben mich auch hierher gelockt.

Stellt sich nun allerdings die Frage, wodurch das gute vom schlechten Scheitern zu trennen ist, wie denn nun das Scheitern besser geht und ob und wer am besten scheitert.

Der Scheit ist das gespaltene, abgetrennte Stück Brennholz. Der Anfang vom Feuer. Grundlegend, sozusagen.

Einen Grund und einen Zweck des Scheiterns hingegen sucht man vergeblich. Dieses war ja nicht beabsichtigt und kann auch keine ursächliche Motivation darstellen.

Die Motive der versammelten Positionen liegen oftmals dicht an der produktiven Kraft der schmerzlichen und leibhaften Erkenntnis, dass es so wohl nunmal nicht ginge. Und der damit aufflammenden Frage nach dem: Wie denn sonst? Pro- und retrospektiv.

Gescheitert ist in meinen Augen die eine oder andere Darstellung im Gesamtkontext der Ausstellung: leider ist die fabelhaft parabelhafte Geschichte von Guy Ben-Ner unmittelbar neben einer lautstarken Installation von Bruce Nauman angesiedelt, welche die Rezeptionslust damit auf beiden Seiten schmälert. Naumans Arbeit kenne ich aus dem Hamburger Bahnhof in der riesigen Halle am Ende des Geländes – dort kam sie besser zur Geltung. Obwohl der Kontrast in dem gedrungenen Raum nicht uninteressant ist: hier verstärkt sie ganz bewusst die Konfrontation – nur leider eben auch mit den Arbeiten in direkter Nachbarschaft.

Als ebenfalls etwas unglücklich empfand ich die Präsentation von Vito Acconci, bei dem die unmittelbare Gegenüberstellung wohl erwünscht ist, aber etwas in dem großen dunklen Raum verpufft. Gegenüberliegend drei Bakos mit den allerorts beliebten Sitzkissen, die Marina Abramović, John Baldessari und nochmal Nauman zeigen. Hier also eine heimelige Seh-Perspektive, dort eine aufgeblasene Leinwand und schlechte Tonqualität im Rücken.

Naja, bin ohnehin kein Acconci-Fan. Vielleicht ist das auch alles Absicht? Oder absichtlich imperfekt? Die Arbeit und der Raum mögen als Museumsausstellung hier durchaus ihre Berechtigung haben, mir persönlich ist es hier zu angestaubt.

Weiter geht’s:

Christoph Schlingensief gibt den Quickie im Lift. Find ich gut, bin ich gleich zweimal mitgefahrn.

Größeren Raum erhält Francis Alÿs und zu meiner Freude: Hier wird es politisch. Ohne gefällig zu werden. Das Bild des Käfers ist unschlagbar, dennoch fesselt mich der essayistische Film besonders und ich bin auf einmal sehr froh, hergekommen zu sein. Ich sehe darüber hinweg, dass ich auch hier die Präsentationsform als nicht angemessen empfinde und amüsiere mich mittlerweile prächtig über die nörgelnde Perfektionistin in mir.

Diese Ausstellung enthält einige Perlen. Die meisten kannte ich schon, doch eine vergnügliche Freude sowohl am Wieder- als auch am Neuentdecken konnte ich hier entwickeln. Habe längst nicht alles erwähnt. Die Darbietung bleibt sehenswert. Bis zum 11. August 2013.